Industrielabore

Vom Industrielabor zur Modellfabrik

Ausgangsituation und Aufbauphase

2001 entstanden im Zuge der Sanierung des neuen Hochschulstandortes drei neue Laborkomplexe. Eine dieser Laborhallen wurde durch den Fachbereich Ingenieurswissenschaften und Industriedesign belegt und für die studentische Ausbildung betrieben. Im Jahr 2008 positioniert sich die Hochschule Magdeburg-Stendal zum Forschungsschwerpunkt „Innovative Technologien, Maschinen, Komponenten und Methoden“ als zukunftsorientiertes, hochschuleigenes Lehr-, Forschungs- und Entwicklungsfeld am Institut für Maschinenbau. Ausgehend von den bis dahin ausgebildeten FuE‑Kompetenzen sowie den Anforderungen und Interessen der produzierenden regionalen Industrie entstand das Industrielabor „Innovative Fertigungsverfahren“ mit der Spezialisierung auf die nachfolgenden Verfahren der Präzisionsbearbeitung:

  • Präzisionsreibschweißen,
  • Finishbearbeitung sowie
  • HPC-Prozesse und Verfahrenskombinationen.

Präzisionsreib-schweißen

Finishbearbeitung

HPC-Prozesse

Fertigung- / Prozess-messtechnik

  • Rotationsreib-schweißen diverser Werkstoffe
  • Rührreibschweißen von Aluminiumblechen
  • Erschließung neuer schweißbarer Werkstoff-kombinationen
  • Parameterregelung für das Rotations- und Rührreibschweißen
  • Kurzhubfinishen von Wellen
  • Rotationsfinishen von Planflächen
  • Laufbahnfinishen von Lagern und Führungen
  • Feinstbearbeitung von Sphären
  • Stein- und Bandfinish-technologien
  • Kompakte adaptive Finishwerkzeuge
  • Parameterregelung für Finishprozesse
  • Verfahrens-kombinationen:
  • Schleifen-Finishen
  • Hartdrehen-Finishen
  • Fräsen-Finishen
  • Finishen auf CNC- Werkzeugmaschinen
  • Integration von adaptiven Finish-werkzeugen in CNC-Werkzeugmaschinen
  • Optische Form- und Oberflächenmess-technik
  • Taktile Kontur- und Oberflächenmess-technik
  • Koordinatenmess-technik
  • Taktile Formprüftechnik
  • Thermografie
  • Zerspankraftmessung in Werkzeugmaschinen

Kurz- und mittelfristig bestanden erste Aufgaben darin, die technisch-technologischen Voraussetzungen zur Bearbeitung der genannten Verfahrenskomplexe zu schaffen, d. h. den Aufbau des Industrielabors infrastrukturell zu realisieren. Die Umsetzung dieser Zielstellung galt als Voraussetzung für intensive und nachhaltige Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten auf dem Gebiet der kraftgeregelten Fertigungstechnologien. Im Jahr 2009 konnten die räumlichen Voraussetzungen zum Betrieb des Industrielabors, durch Gewinn einer zusammenhängenden Laborfläche von 205 m², sichergestellt werden. Diese Nutzungsflächen des Industrielabors bilden die Grundlage, weitere Maschinen und Bearbeitungszentren über die Gründungsausstattung hinweg zu akquirieren und aufzustellen und somit das Forschungsangebot und Dienstleistungsportfolio zu ergänzen.

Seit seiner Gründung hat sich das Industrielabor „Innovative Fertigungsverfahren“ als eine regional aber auch überregional anerkannte Institution für Dienst- und Entwicklungsleistungen auf den Gebieten der Feinstbearbeitungs- und Präzisionsreibschweißtechnologien sowie für Fertigungsmess- und Prüftechnik etabliert. Zu den zentralen Leistungen zählen Technologieentwicklungen für kleine und mittelständische Unternehmen aus den Industriezweigen Automobil- und Automobilzulieferindustrie sowie der Armaturenindustrie und der Medizintechnikbranche.

Abbildung 2: Die Etappen zur Modellfabrik

DIE MODELLFABRIK

Die Kompetenzen und Ressourcen der Industrielabore bilden die Basis für ein neues Vorhaben, für den Aufbau einer neuen Einrichtung, um den steigenden Anforderungen aus Studium, Lehre und Weiterbildung, aus Forschung, Entwicklung und Transfer sowie der Wirtschaft und Industrie gerecht zu werden. Unter der Bezeichnung „Modellfabrik Wirtschaft 4.0“ entsteht eine Einrichtung und eine Plattform, die unterschiedliche Schwerpunkte in sich vereint:

  • Referenzobjekt Fertigung 4.0,
  • Transfer- und Serviceplattform Mittelstand 4.0,
  • Lehr-, Lern- und Weiterbildungsfabrik,
  • Innovations- und Ideenschmiede.

Die Modellfabrik ist ein offenes Abbild einer industriellen Fertigung mit relevanten Merkmalen von Industrie 4.0. Die Modellfabrik konzentriert sich auf spezielle Anwendungen und Projekte für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) und stellt vor allem die Kompetenzen des Industrielabors Innovative Fertigungsverfahren in den Mittelpunkt. Die Modellfabrik Fertigung 4.0 widmet sich u.a. den Themen Digitalisierung, Industrial Internet of Things (IIoT), Automatisierung und maschinelles Lernen sowie virtuelle und erweiterte Realität in den Bereichen Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen, Fertigungsmesstechnik und Qualitätssicherung sowie Lager, Logistik und Materialfluss. Anhand von greifbaren technischen Projekten wird modellhaft aufgezeigt, wie Industrie 4.0 für KMU’s Realität werden kann.

Hinzu kommt die Einführung von Plattformen und (Software-)Systemen für die Planung und Steuerung betriebswirtschaftlicher Geschäftsprozesse (ERP), das Fertigungsmanagement (MES), Projektmanagement, Qualitätsmanagement, Datenmanagement und Datenanalyse.

Die Qualität einer Kooperation zwischen der regionalen Wirtschaft und der Hochschule hängt maßgeblich von den Bausteinen Beratung, Service und Transfer ab. Es geht u.a. um die Fragen: Welchen Service bietet die Hochschule, um z.B. den Einstieg in die kooperative Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu erleichtern? Wie organisiert die Hochschule die Kommunikation, den Daten- und Informationstransfer mit dem Unternehmen auf Feldebene?

Ein weiterer Schwerpunkt der Modellfabrik beinhaltet deren Einsatz zur Realisierung von innovativen Lehr- und Lernszenarien. Sie ist Hörsaal, Seminarraum, Labor und Trainingszentrum gleichzeitig. Lehrende nehmen die Modellfabrik mit in den Hörsaal und lehren neue Technik und Technologien, Studierende erleben, verstehen, lernen, analysieren und gestalten im realen, interaktiven und virtuellen Umfeld der Modellfabrik.

Die Modellfabrik erleichtert den Weg für interdisziplinäre Projekte, sie ist Umsetzungsumgebung sowie Podium der Gründerszene an der Hochschule, sie ist Forschungs- und Entwicklungszentrum für Studierende und Wissenschaftler, und sie ist vor allem auch Test- und Entwicklungszentrum für neue Technik und Technologien.

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