20 Jahre Angewandte Kindheitswissenschaften in Deutschland

Petra Grimm-Benne, Sachsen-Anhalts Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung ging in ihrer Rede ausführlich auf die Lage der Kinder in Sachsen-Anhalt ein. So wurde deutlich, wie dringlich gut ausgebildete und mit den Kinderrechten vertraute Fachkräfte sind. Foto: Thomas Pape

Petra Grimm-Benne, Sachsen-Anhalts Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung ging in ihrer Rede ausführlich auf die Lage der Kinder in Sachsen-Anhalt ein. So wurde deutlich, wie dringlich gut ausgebildete und mit den Kinderrechten vertraute Fachkräfte sind. Foto: Thomas Pape 

Stendal. Jedes 7. Kind in Deutschland gilt als armutsgefährdet, in Sachsen-Anhalt ist es jedes 4. Kind. Um den Kreislauf der Kinderbenachteiligung durch verschiedene Formen von Diskriminierung und Benachteiligung entgegenzuwirken, braucht es Fachkräfte, die umfassend über die Kinderrechte informiert und darin geschult sind, diese in der Praxis umzusetzen. In Stendal arbeitet man intensiv daran. Bisher hat der Studiengang Angewandte Kindheitswissenschaften etwa 740 Absolvent:innen, die nach Beendigung des Studiums schwerpunktmäßig im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen arbeiten. 

Der Bachelor-Studiengang Angewandte Kindheitswissenschaften, der im Wintersemester 2005 an der Hochschule Magdeburg-Stendal an den Start ging, war bundesweit der erste, der konsequent in einem multidisziplinären Ansatz die Erkenntnisse aus den internationalen Childhood Studies und damit verbunden eine kinderrechtsbasierte Perspektive in den Fokus stellte. Aus dem Anlass des 20-jährigen Bestehens fand am 20.11.25 ein Fachtag in Stendal statt. Er widmete sich den Fragen, welche gesellschaftlichen Entwicklungen sich in den letzten zwei Jahrzehnten vollzogen haben, die zu neuen Herausforderungen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen führen und wie diese gemeinsam mit ihnen bearbeitet und gelöst werden können. Damit verbunden geht es um die Weiterentwicklung und Implementierung von Kinderrechten und um innovative Ansätze in der angewandten Kindheitsforschung.

Kinderrechte sind Menschenrechte für Kinder. Mit der Unterzeichnung der Kinderrechtskonvention hat sich Deutschland verpflichtet, diese Förder-, Schutz- und Beteiligungsrechte umfänglich umzusetzen. Gleichwohl sind Armut und Vernachlässigung von Kindern nicht nur international, sondern auch in Deutschland ein Thema, das in den vergangenen Jahren zugenommen hat – nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie. Jedes 7. Kind in Deutschland gilt als armutsgefährdet, in Sachsen-Anhalt ist es jedes 4. Kind. Für die Kinder und Jugendlichen bedeutet Armut häufig Benachteiligung, soziale Ausgrenzung und geringere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Die Zusammenhänge zwischen sozialer Situation und Gesundheitsentwicklung kann durch zahlreiche Studien nachgewiesen werden: Arme Kinder sind häufiger krank, eher übergewichtig und neigen eher zu psychischen Störungen. Zudem liegen bei ihnen erhebliche Benachteiligungen in der Wahrnehmung von Bildungschancen vor.

Der Studiengang ist deutschlandweit der einzige, der sowohl die Interessen von Kindern – als Individuen und als soziale Gruppe – als auch die gesellschaftlichen Strukturen von Kindheit, also Lebenslagen und Lebenswelten von Kindern und deren Gestaltung aus multidisziplinärer Perspektive in den Blick nimmt. Im Studiengang sind unterschiedliche Fachdisziplinen integriert, v. a. Soziologie, Politikwissenschaft, Psychologie, Sozialpädagogik, Migrations- und Gesundheitswissenschaften. Der Studiengang hat einen starken Praxisbezug mit Fokus auf die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in kindheits- und jugendbezogenen Berufsfeldern – auf kommunaler, bundesweiter und internationaler Ebene. Bereits im Studium ermöglichen zwei Praktika (4 und 20 Wochen) sowie ein zweisemestriges Projektstudium in Zusammenarbeit mit lokalen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe, das erworbene kindheitswissenschaftliche theoretische Wissen in der Praxis anzuwenden.

Bisher hat der Studiengang rund 740 Absolvent:innen, die nach Beendigung des Studiums schwerpunktmäßig im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen arbeiten. Dies sind zum Beispiel: Kinder- Jugend- und Familienberatungsstellen, Einrichtungen der frühkindlichen Bildung, Jugend- und Schulsozialarbeit, Jugendämter, Bildungsprojekte, Gesundheitsförderung, (Kinder)Politik, Organisationsentwicklung, Migrations-, Lebenswelt- und Sozialraumgestaltung, Kinder- und Jugendbüros sowie nationale und internationale Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs).

Ausgewählte Erfolge aus 20 Jahren Angewandte Kindheitswissenschaften

Als Meilenstein kann die Einführung einer eigenen Staatlichen Anerkennung als Kindheitswissenschaftler:in im Jahr 2016 durch den Landtag in Sachsen-Anhalt gewertet werden. Damit wurde den Absolvent:innen des Bachelor-Studiengangs der Zugang zu allen einschlägigen Tätigkeitsbereichen die Kinder- und Jugendhilfe eröffnet. 

Der 2016 eingeführte konsekutive Master-Studiengang Kindheitswissenschaften und Kinderrechte ist der einzige seiner Art in Deutschland, der explizit Fachkräfte für die Umsetzung von Kinderrechten sowie für die wissenschaftliche Erforschung kindlicher Lebenswelten qualifiziert. 

Der Studiengang ist lokal, landes- und bundesweit sowie transnational in kindheitswissenschaftlich relevanten Netzwerken vernetzt – als Mitglied in der National Coalition zur Umsetzung der UN-Kinderrechte in Deutschland und als Teil des europaweiten Netzwerks Children’s Rights European Academic Network (CREAN). 

Als kindheitswissenschaftlicher „Arm in die Praxis“ wurde 2008 der KinderStärken e.V. als An-Institut der Hochschule gegründet. Mittlerweile hat sich der Verein mit derzeit 15 laufenden Projekten und mehr als 20 Angestellten zu einem der wichtigsten Akteure auf kindheitsrelevanten Praxisfeldern und kinderpolitischen Bereichen im Land Sachsen-Anhalt entwickelt. Mehr Informationen über den Verein: www.kinderstaerken-ev.de

Der Fachtag wurde von den Studierenden der Mastermatrikel 2024 unter der Leitung von Prof. Dr. Beatrice Hungerland gemeinsam mit den Lehrenden, KinderStärken e.V. sowie in Kooperation mit dem Kinder- und Jugendbeauftragten Sachsen-Anhalts und dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung organisiert. 




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