Ausstellung „Jugendkultur in Stendal: 1950 bis 1990“ eröffnet

Foto: Jana Shlyapina

Stendal. Importierte Levi's-Jeans aus dem Westen, lange Schlangen vor dem Schallplattenladen, selbst gemachte Kleidung aus gebatikten Bettlaken – der Mangel in der DDR erzeugte unter den Jugendlichen ungeheure Kreativitätspotenziale. Drei Jahre lang sammelte Prof. Dr. habil. Günter Mey, Professor für Entwicklungspsychologie an der Hochschule Magdeburg-Stendal, zusammen mit seinem studentischen Team Erinnerungen der „Jugendkultur in Stendal: 1950 bis 1990“. Eine Ausstellung im Altmärkischen Museum in Stendal zeigt ab 22. April, was heute 45- bis 80-Jährige in der Deutschen Demokratischen Republik erlebt haben. Ergänzt werden die Erinnerungen von Lesungen, Theater, Filmen, Erzählcafés und einer Fachtagung am 15. Juni 2018.

„Wen interessiert denn das heute noch?“, war eine Reaktion, als Prof. Dr. habil. Günter Mey vor drei Jahren die Idee zum Projekt „Jugendkultur in Stendal: 1950 bis 1990“ hatte. Die Antwort: viele. Mehr als 30 heute 45- bis 80-Jährige berichteten seitdem in Bild, Ton und mit Erinnerungsstücken von ihren Erfahrungen und Erlebnissen in der Hansestadt. Gefragt wurde nach Musik, Kleidung und Orten, an denen die Jugend ihre Zeit verbrachte. Parallel recherchierte das Team um Prof. Dr. habil. Günter Mey nach Dokumenten, Fotos und Artefakten wie Kleidung, Schmuck und jugendkulturellen Gegenständen.

Die Ergebnisse werden ab 22. April vier Monate lang im Rahmen einer Ausstellung im Altmärkischen Museum zu sehen sein. Drei Themenräume des Sonderausstellungsbereichs stellen „Sound“, „Style“ und „Events“ der 1950er- bis 1980er-Jahre audiovisuell in den Fokus. „Wir können nicht wahre Geschichten eins zu eins präsentieren. Es sind Erinnerungen und unsere Konstruktionen über die Jugendkultur damals“, sagt der Kurator der Ausstellung.

Die Westorientierung der Jugendlichen ist besonders auffallend: ob es die Levi's-Jeans war oder die Musik, beides von offizieller Seite nicht gern gesehen, die von „westlicher Unkultur“ sprachen und die Jugendlichen als „negativ dekadent“ einstuften. Die Gründung von Rock 'n' Roll-Clubs im Reichsbahn-Ausbesserungswerk (RAW) wurde in Akten des Ministeriums für Staatssicherheit festgehalten, wie insgesamt die jugendlichen Bewegungen mit Skepsis verfolgt wurden.

„In der DDR jugendkulturell zu sein, war anders als im Westen, in der gegenkulturelle Strömungen rasch kommerzialisiert wurden und der subversive Charakter somit verloren ging“, erklärt Prof. Mey. Sich jugendkulturell zu zeigen, bedeutete in der DDR, sich Schwierigkeiten einzuhandeln. Dabei war es für die Jugendlichen angesichts der Mangelwirtschaft gar nicht leicht, an die begehrten jugendkulturellen Insignien zu gelangen. Die begehrten Gegenstände wurden deshalb auf Schmuggelwegen aus dem Westen „importiert“. Was den Jugendlichen gefiel, wurde selbst gemacht. „Für uns war wichtig, die Besonderheiten der Jugendkultur zu verstehen und vor allem als DDR-Kultur zu begreifen, ohne sie als defizitär zu betrachten“, betont der Projektleiter.

Neben der Ausstellung, die bis zum 18. August gezeigt und in einem knapp 130 Seiten langen Begleitbuch festgehalten wird, stellte das Team ein kulturelles und wissenschaftliches Rahmenprogramm auf die Beine: Lesungen, Theater, Filme, Erzählcafés mit den Interviewten und eine Fachtagung finden statt.

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