Digitale Assistenten für die Werkhalle

Dr. Ronny Stolze, Prof. Dr.-Ing. Rüdiger Mecke sowie die Masterstudenten Markus Müller und Sebastian Linke (v. l.) arbeiten im Projekt PlatinA an intelligenten Lösungen für Fertigungsverfahren. Foto: Matthias Piekacz
Wie wird ein komplexes Herstellungsverfahren beherrschbar und für Nicht-Experten verständlich? Und wie können bestehende Maschinen fit für die vernetzte Produktion werden, ohne dass ein Betrieb gleich seine ganze Werkhalle erneuern muss?
An der Hochschule Magdeburg-Stendal arbeiten Maschinenbauer, Elektrotechniker und Wirtschaftswissenschaftler im Projekt „PlatinA“ zusammen. Ihr Ziel: Hochspezialisierte Fertigungsverfahren in die digitale Zukunft bringen. Am Beispiel besonders feiner Schleifverfahren zeigen die Forschenden, wie moderne Technik auch komplexe Arbeitsschritte verständlich machen und unterstützen kann.
Der Schwerpunkt im Projekt ist eine digitale Plattform – eine Art intelligente Produktionssteuerung. „Hochspezialisierte Fertigungsverfahren sind oft so komplex, dass sie bislang nur von Spezialisten beherrscht werden“, erklärt Professor Rüdiger Mecke. Deshalb entstehen digitale Assistenzsysteme, darunter ein Kalibrierassistent: eine Software, die Maschinenbedienern hilft, Anlagen und Prozesse sicher einzustellen, zu steuern und zu prüfen. Statt mühsam mit Excel-Tabellen oder Papieranleitungen zu arbeiten, führt künftig ein Tablet Schritt für Schritt durch den Prozess und berechnet automatisch die nötigen Werte. So wird wertvolles Expertenwissen digital und jederzeit verfügbar.
Ein weiteres Ziel: Maschinen vernetzen – im Sinne der Industrie 4.0. Damit gemeint ist die Verbindung von Maschinen und Prozessen über Internettechnologien, sodass sie Daten austauschen und miteinander kommunizieren können. Große Firmen nutzen das längst, doch kleineren Betrieben fehlen oft Know-how und Geld. „Viele glauben, sie müssten dafür ihre ganzen Maschinen austauschen. Das stimmt aber nicht“, sagt Ronny Stolze, wissenschaftlicher Mitarbeiter. Neue Schnittstellentechnik macht es möglich, auch ältere Maschinen nachzurüsten. Mit sogenannten Verwaltungsschalen – das sind eine Art digitale Stecker für Daten – lassen sich Geräte ins Firmennetz einbinden. Auf einer zentralen Anzeigetafel erscheinen dann in Echtzeit Maschinen- und Prozessdaten, Produktionskennzahlen oder Warnungen. Diese Daten können innerhalb der Firma gesammelt und analysiert werden.
Das Projekt orientiert sich an der Regionalen Innovationsstrategie Sachsen-Anhalts. Es setzt auf Schlüsseltechnologien wie Automatisierung, Künstliche Intelligenz, Industrie 4.0 und moderne Kommunikationstechnik. Das Ziel ist, Produktionsverfahren so weiterzuentwickeln, dass vor allem kleine und mittlere Unternehmen sie einfach nutzen können. Die digitalen Plattformen und neuen Geschäftsmodelle sollen den Wandel von starren Produktionsketten zu flexiblen Netzwerken in der Region unterstützen.
Für den Wissenschaftsstandort Magdeburg sieht Rüdiger Mecke eine weitere Chance: „Wir arbeiten hier an hochaktuellen Themen und bieten jungen Forschenden die Möglichkeit zur wissenschaftlichen Qualifikation in unserem Promotionszentrum.“ Besonders schätzt er die Praxisnähe: „Wir reden nicht nur über Theorie, sondern zeigen, was Digitalisierung in der Produktion bringt – direkt an echten Anlagen.“ Auch Ronny Stolze ist begeistert: „Zu sehen, wie unsere Fertigungstechnologie in der Werkhalle ankommt – das motiviert mich.“
(Text: Laura Naujoks)
Projekt
Technologieplattform für assistierte Fertigungsprozesse in digitalen Wertschöpfungsnetzwerken (PlatinA)
Laufzeit: 1.1.2024 bis 31.12.2027
Projektträger: Investitionsbank Sachsen-Anhalt. Das Projekt wird finanziert durch das Land Sachsen-Anhalt und die Europäische Union.
Fördersumme: 3,26 Mio. €