Digitale Wege des Gedenkens

Der wissenschaftliche Mitarbeiter Lenn Blaschke (l.) probiert mit einer Testperson die virtuelle Chatwelt VRChat aus. Foto: Matthias Piekacz

Denkmäler, Stolpersteine, Gedenkstätten – die deutsche Erinnerungskultur ist ein Vorbild für den Umgang mit der eigenen Geschichte. Mithilfe von Virtual Reality (VR) sollen an der Hochschule Orte für digitale Erinnerungskultur entstehen.

Denkmäler, Stolpersteine, Gedenkstätten – die deutsche Erinnerungskultur ist nicht nur national, sondern auch international ein Vorbild für den Umgang und die Aufarbeitung mit der eigenen Geschichte. Erinnerungskultur ist eng mit der Auseinandersetzung von Rassismus und Rechtsextremismus verbunden, da mit der Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus gleichzeitig eine Reflektion der heutigen gesellschaftlichen Herausforderungen einhergeht. Laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz ist die Gesamtzahl der rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten 2023 im Vergleich zum Jahr 2022 um 22,4 Prozent gestiegen. Was in der physischen Welt messbar ist, verschwimmt im digitalen Raum. Wo kaum internationale Regeln gelten, entstehen rassistische Meme-Kultur, extremistische Chat-Gruppen – aber auch Räume für Freiheit und Vernetzung. 

Die positiven Seiten dieser Freiheit möchte ein Forschungsprojekt der Hochschule Magdeburg-Stendal nutzen. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Vorhaben ‚Immersives Erinnern und Lernen: Kokreative Entwicklung einer VR-Anwendung zur Aufarbeitung und Prävention von Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus‘, kurz IELKE, des Institutes für demokratische Kultur (IdK) unter der Leitung von Prof. Dr. Matthias Quent. Mithilfe von Virtual Reality (VR) wollen die wissenschaftlichen Mitarbeiter Lenn Blaschke und Alina Mönig einen Ort für digitale Erinnerungskultur schaffen. „Unsere Vision ist es, mithilfe von VR-Brillen eine immersive Art der Erinnerungskultur zu schaffen. In manchen Gedenkstätten gibt es Zeitzeugenberichte, die man nur anhören kann. Das kann eindrücklicher sein, als sich eine Tafel durchzulesen. Diesen Ansatz wollen wir mit VR ausprobieren“, erklärt Mönig. 

Geplant sind fünf Szenen, die die Besucher interaktiv erleben und erkunden können. Dafür nutzen sie die virtuelle Chatwelt VRChat, wo Nutzer in Form von digitalen Avataren mit anderen Spielern interagieren können. Um einen sicheren Raum für die digitale Erinnerungskultur zu schaffen, soll diese nur mit Einladung spielbar sein. Seit Dezember letzten Jahres arbeiten Mönig und Blaschke gemeinsam mit dem Projektpartner Licht ins Dunkel e.V. an einem Konzept für die VR. Während Sara Lisa Vogl und Leyla Erkuş von Licht ins Dunkel e.V. die virtuellen Welten für das Erlebnis bauen, recherchieren und entwickeln, erarbeiten Mönig und Blaschke die Inhalte und das interaktive didaktische Konzept. „Es ist schwer sich in die Opfer von Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus hineinzuversetzen, das ist auch nicht der Anspruch. Wir wollen Empathie und Verständnis vermitteln und Anreize liefern, wie man Betroffenen und ihren Angehörigen helfen kann“, führt Blaschke aus. 

Um nicht über, sondern mit den Betroffenen und Angehörigen zu sprechen, ist ein Workshop geplant. Das direkte Feedback soll den Angehörigen die Möglichkeit bieten, ihre Perspektive zur Gestaltung einfließen zu lassen. Bis dahin arbeiten Blaschke und Mönig weiter an den schriftlichen, didaktischen und auditiven Inhalten, bevor es im Juni in die Play-Testing-Phase geht. Mit IELKE soll eine ortsunabhängige, immersive VR-Erfahrung geschaffen werden, die Empathie und Sensibilität für die Perspektiven von Betroffenen von Rechtsterrorismus und Rechtextremismus vermittelt.
Text: Leonie Deubig 


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