Klimawandel setzt heimischen Fischarten zu

Kevin Heucher, die Studentinnen Merle Türschmann und Eva Neumann sowie Praktikantin Cerise van Leeuwen (v. r.) untersuchen den Fischbestand an der Ohre in Wolmirstedt mittels Elektrobefischung. Foto: Laura Naujoks
Der Klimawandel belastet unsere Gewässer und die darin vorkommenden Lebewesen. Das Forschungsprojekt „Fischfokus“ der Hochschule Magdeburg-Stendal, in Zusammenarbeit mit dem Landesanglerverband sowie lokalen Angler- und Unterhaltungsverbänden, untersucht die Klimaresilienz heimischer Fließgewässer. Laura Naujoks sprach mit Kevin Heucher, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Projekts, über die Ergebnisse.
Worum geht es in dem Projekt?
Kevin Heucher: Im Projekt „Fischfokus“ analysieren wir, wie der Klimawandel die Fischfauna in unseren Fließgewässern beeinflusst. Ziel ist es, ökologische Veränderungen besser zu verstehen und Maßnahmen zu entwickeln, die die Biodiversität erhalten und Gewässer klimaresilienter machen.
Was wurde gemacht?
Wir haben die Fischfauna und wirbellose Organismen als biologische Qualitätskomponenten bewertet. Darüber hinaus haben wir als neuen Ansatz die Fisch-Habitat-Kartierung an 24 Fließgewässern wie der Saale und Bode in den Jahren 2023 und 2024 getestet. Ziel war es, für alle Lebensphasen von Fischen geeignete Lebensräume zu identifizieren und Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstruktur und zur Schaffung klimabedingter Rückzugsräume zu entwickeln.
Warum ist das wichtig?
Fische benötigen für jede Lebensphase passende Strukturen im Fluss – von Laichplätzen bis zu Rückzugsräumen bei Hitze oder Niedrigwasser. Solche Bedingungen analysieren wir gezielt für bestimmte Arten, um daraus Maßnahmen abzuleiten, die vielen Fischen helfen. Besonders unter dem Klimawandel werden Refugialstrukturen wie tiefe Kolke oder beschattete Ufer immer wichtiger, um den Fischen Schutz zu bieten.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Die Bachforelle braucht kühles, sauerstoffreiches Wasser und überströmte Kiesflächen zum Laichen. In den untersuchten kiesgeprägten Tieflandgewässern konnten wir nur in zwei Abschnitten die notwendigen Laichhabitate nachweisen, was auf einen Verlust von Laichplätzen hinweist. Der Klimawandel verschiebt ihren Lebensraum zudem immer näher an die Quelle des Gewässers. Doch dort endet irgendwann der Lebensraum, was die Art gefährden könnte.
Wie sind Sie vorgegangen?
Zur Untersuchung der Fischfauna haben wir Elektrobefischung eingesetzt. Dabei wird ein elektrisches Feld im Wasser erzeugt, das die Fische anzieht und kurzzeitig bewegungsunfähig macht. So können sie schonend gefangen, bestimmt, vermessen und anschließend wieder ins Gewässer zurückgesetzt werden. Zudem arbeiten wir mit Literaturrecherchen und bestehenden Modellen, um Verschiebungen von Fischregionen durch den Klimawandel zu verstehen.
Was sind die Erkenntnisse?
Von 32 Untersuchungsabschnitten wies nur ein Abschnitt einen guten ökologischen Zustand auf. Insbesondere die Fischfauna prägte oftmals den Gesamtzustand und führte zu einer Abwertung in der Gesamtbewertung. Ein Hauptproblem ist der Mangel an Totholz, das wichtige Fischhabitate wie Kolke und Kiesflächen fördert. Oft wird Totholz unnötig entfernt, auch an sicheren Stellen. Für belastete Gewässer sind größere Umgestaltungen nötig, zum Beispiel mit Ersatzstrukturen wie Trichterbuhnen. Einige Fischarten verlieren durch den Klimawandel Lebensraum, während andere davon profitieren könnten. Besonders betroffen sind jedoch kälteangepasste, bereits gefährdete Arten wie die Bachforelle und Bachneunauge, die zu den Klimawandel-Verlierern gehören. Im schlimmsten Fall könnten diese Arten weiter zurückgedrängt werden und aus unseren Gewässern verschwinden.
Über das Projekt
Titel: Untersuchung zur Optimierung der Revitalisierung kleiner und mittlerer Fließgewässer in Sachsen-Anhalt mit besonderem Fokus auf die Fischfauna unter Bedingungen des Klimawandels (Fischfokus)
Förderprogramm: Förderung der Agrarforschung durch das Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt
Laufzeit: 1.4.2023 - 15.6.2025
Fördersumme: 171.190 Euro