Sachsen-Anhalt-Monitor: Differenziertes Bild der Stimmung

Die Vorstellung der Ergebnisse erfolgte während der Kabinettspressekonferenz im Raum der Landespressekonferenz. Foto: Martin Hanusch, LpB

Die Vorstellung der Ergebnisse erfolgte während der Kabinettspressekonferenz im Raum der Landespressekonferenz. Foto: Martin Hanusch, LpB

Am 9. Dezember 2025 erschien der vom Institut für demokratische Kultur der Hochschule Magdeburg-Stendal im Auftrag der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt erstellte Sachsen-Anhalt-Monitor 2025. Dieser gibt wichtige Aufschlüsse darüber, wie die Bevölkerung ihre Lage und ihr Land sieht, wie sie zur Demokratie steht und wie weit rassistische und antisemitische Einstellungen verbreitet sind. Es ergibt sich ein differenziertes Bild der Stimmung im Land im Kontext der globalen Polykrise und Erosion liberaler Demokratien.

Hohe Zufriedenheit und Verbundenheit nicht nur mit dem Land, tiefgreifende Probleme 
Die Menschen in Sachsen-Anhalt sind mit ihrem Leben überwiegend zufrieden und fühlen sich nicht nur dem Land und Ostdeutschland, sondern auch Gesamtdeutschland und Europa positiv verbunden. Die Verbundenheit erreicht einen Spitzenwert in der Geschichte des Monitors. An Sachsen-Anhalt werden besonders die ländlich-kleinstädtische Struktur und der soziale Zusammenhalt geschätzt. Allerdings driften die positive Einschätzung der individuellen Lage bzw. Zukunft und die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage bzw. Zukunft des Landes aktuell auseinander. Am häufigsten werden Infrastruktur/Mobilität und Wirtschaft/Finanzen als wichtige politische Probleme angesehen. Soziales/Gerechtigkeit und Erwerbsarbeit werden am zweithäufigsten genannt. An dritter Stelle folgen Migration/Integration und Bildung. Eine deutliche Mehrheit geht zudem von der Existenz des anthropogenen Klimawandels sowie davon aus, dass die Lebensweise zu seiner Eindämmung verändert werden muss. 

Große Zustimmung zur Demokratie und wenige Autokraten, aber viele fragile Demokraten
Die Zustimmung zur Idee der Demokratie ist groß, doch die Zufriedenheit mit ihrem Funktionieren bleibt moderat. Das Empfinden, nicht den gerechten Anteil zu erhalten und politisch wenig Einfluss zu besitzen sowie Verschwörungsglauben sind hierfür begünstigende Faktoren. Trotz dieser Einflüsse ist das Vertrauen in die Institutionen wie den Landtag und die Landesregierung mit über 60 Prozent vergleichsweise hoch. Allerdings können nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung als stabile Demokraten gelten, die antidemokratische Alternativen klar ablehnen. Mehr als die Hälfte gehört zu den „fragilen Demokraten“. Sie befürworten die Demokratie als Idee, widersprechen autoritären Modellen aber nicht grundsätzlich. Bildung und politische Orientierung sind für diese Haltung prägende Faktoren. Freiwilliges Engagement ist ein wichtiger Stützpfeiler des Vertrauens. Diese Beteiligungsbereitschaft wird als Ressource für eine lebendige demokratische Kultur bewertet.

Neo-Nazismus: marginalisiert, Brückenideologien: normalisiert, Vielfalt: disparat 

Neo-nazistische Einstellungen wie Sozialdarwinismus oder Verharmlosung des Nationalsozialismus sind vorhanden, aber marginalisiert. Brückenideologien wie Chauvinismus und Ausländerfeindlichkeit sind hingegen weit verbreitet und normalisiert. Autoritarismus und soziale Dominanzorientierungen begünstigen diese Einstellungen, ein hoher formaler Bildungsgrad wirkt ihnen entgegen. In ihrer Haltung zu gesellschaftlicher Vielfalt sind die Einstellungen disparat: Etwa die Hälfte sieht sie als Bereicherung, die andere nicht. Homosexualität wird von einer großen Mehrheit akzeptiert, stereotype Rollenerwartungen werden deutlich überwiegend abgelehnt.

Weite Verbreitung von Formen des Rassismus und Antisemitismus 

Die weite Verbreitung von Formen des Rassismus und Antisemitismus untergräbt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Antimuslimische und islamfeindliche Haltungen sowie Vorurteile gegenüber Roma und Sinti sind weit verbreitet. Tradierter Antisemitismus wird deutlich mehrheitlich zurückgewiesen, sekundäre und israelbezogene Ressentiments sind hingegen teils mehrheitsfähig. Bildung mindert solche Einstellungen, autoritäre Dispositionen und Verschwörungsglauben verstärken sie.

Fazit
Sachsen-Anhalt steht vor wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen, die differenzierte Lösungsansätze erfordern. Der Monitor zeigt sowohl starke Bindungskräfte und Potenziale einer engagierten Zivilgesellschaft als auch Erosionserscheinungen im Vertrauen in politische Prozesse. Entscheidend wird sein, diese Kräfte zu stärken, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt auf Basis von Demokratie, Teilhabe und Menschenwürde dauerhaft zu sichern. Mitautorin Prof. Dr. Katrin Reimer-Gordinskaya
 fasst zusammen: „Die Lage ist ernst, aber offen. Es gilt, Beteiligung zu ermöglichen und Fragen des Gemeinwesens miteinander kontrovers auszuhandeln.“ 

Download
Sachsen-Anhalt-Monitor auf der Homepage der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt:
lpb.sachsen-anhalt.de

Terminhinweis
Eine öffentliche Vorstellung der Ergebnisse des Sachsen-Anhalt-Monitors 2025 ist am 15. Dezember mit den beiden Autoren im Rahmen einer Videokonferenz von 10 bis 12 Uhr vorgesehen. Anmeldungen sind möglich unter: https://eveeno.com/192008413

Kontakt
Prof. Dr. Katrin Reimer-Gordinskaya

katrin.reimer@h2.de 
Prof. Dr. Gert Pickel

pickel@rz.uni-leipzig.de

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