Reno Filla - Maschinenbau: Konstruktion und Entwicklung

Der Diplom-Ingenieur Reno Filla ist verheiratet und hat ein Kind. Nach seinem Abschluss 1998 an unserer Hochschule ging er zu Volvo nach Schweden, wo er bis heute mit seiner Familie lebt. Seine Freizeit verbringt er gerne mit Segelfliegen. Über seine Zeit des Studiums und sein Werdegang nach dem Studium  berichtet er uns in diesem Interview.

 

Warum haben Sie sich für ein Studium an der Hochschule Magdeburg-Stendal, und im Speziellen für den Studiengang Maschinenbau entschieden?


Ich hatte in der Endphase der DDR schon einmal in Magdeburg ein Studium angefangen, in einer experimentellen Ausbildung wo es direkt nach der zehnjährigen Schule an die damalige Ingenieurschule für Maschinenbau und Elektrotechnik, ISME ging. Das ganze sollte zu einem Fachschulabschluss als Techniker führen und gleichzeitig wahlweise das Abitur ermöglichen. Man wollte wohl von höchster Ebene aus erkunden, ob ein solches beschleunigtes Verfahren Sinn macht. Erkenntnis: nein, macht es nicht. Von ca 80 Studienanfänger haben es nur runde 20 bis zum Abschluss geschafft, der dann auch noch mehrmals mit Praktika und ähnlichem verlängert wurde, da die Deutsche Einheit irgendwie mit unserem Studienplan Schwierigkeiten hatte. Sommer 1993 war ich dann endlich Staatlich geprüfter Techniker des Maschinenbaus (Fertigungstechnik) nach bundesdeutschem Recht, mit einem zur Fachhochschulreife degradierten Abitur und einer gesamtdeutschen Industrie im freien Fall um mich herum.
Nach einem Jahr Zivildienst in meiner Heimatstadt Dessau entschied ich mich dann zum erneuten Studium und da ich Magdeburg kennen und lieben gelernt hatte fiel mir die Wahl leicht. Es stellte sich dann später heraus, dass die Spezialisierungsrichtung Automatisierungstechnik, für die ich mich beworben hatte und auch angenommen wurde, gar nicht existierte – also entschied ich mich zunächst erneut für die Fertigungstechnik aber schwenkte dann nach einigen Wochen auf Konstruktion und Entwicklung um. No regrets!

 

Was haben Sie aus Ihrer Studienzeit mitgenommen?


Vermutlich mehr als ich mir eingestehe. Ich war sehr wissbegierig und habe nebenbei noch extra Kurse belegt. Ausserdem half ich mit im Studentenrat und in der Fachschaft, bekam so auch Einblick hinter die Kulissen der Hochschule. Ich glaube das hat schon mehr geprägt als man glaubt. Die Neugier über den eigenen Tellerrand zu schauen habe ich auf jeden Fall versucht auszuleben.

 

Hat das Studium Sie auch menschlich geprägt?


Natürlich. Es sind viele nahe Freundschaften entstanden, auch oder vielleicht sogar besonders zu Studenten anderer Studiengänge. Wie gesagt, über den eigenen Tellerrand zu schauen ist sehr empfehlenswert.

 

Würden Sie zurückblickend auch einige Dinge anders gestalten? Und wenn ja, welche?


In der Endphase des Studiums war ich schon ziemlich verärgert, dass wir nicht noch mehr Wissen vermittelt bekamen. Verglich man mit anderen Hochschulen so vermisste man dieses und jenes. Es hat mehrere Jahre gedauert bis ich entdeckte dass unser Studienplan auch Dinge enthielt, die so nicht an anderen Hochschulen üblich waren. Zum Beispiel hatte unser Lehrstuhl schon früh in ausreichend leistungsfähige Computer für die rechnergestützte Konstruktion (CAD) investiert und schon im vierten Semester gab es dann auch einen recht tiefgreifenden Kurs, der mir beim Industriepraktikum im fünften Semester dann einen Startvorsprung gab. Jetzt, 20 Jahre später denke ich schon dass ich ein gutes Sprungbrett erhielt – unter der Vorraussetzung dass man sich nach dem Abschluss nicht zur Ruhe setzt sondern lebenslang weiterlernt. Das ist nunmal so als Ingenieur: die Grundlagen bekommt man im Studium, am Arbeitsplatz wird man weiter ausgebildet und selbst muss man ständig wach sein und dazulernen.  

 

Gibt es aus Ihrer Studienzeit auch eine kleine Anekdote, die Sie uns erzählen möchten?


Lieber nicht – obwohl, das meiste müsste ja mittlerweile verjährt sein. Schöne Erinnerungen habe ich natürlich, zum Beispiel an die Party zu meinem 25. Geburtstag – 35 Leute auf 12 Quadratmeter Studentenbude, das ging und war gemütlich, aber fast hätten wir in eine höhere Dimension ausweichen müssen um genug Platz zu finden. Es war eine tolle Atmosphäre, Maschinenbauer unterhielten sich mit Sozialwissenschaftlern, Fachdolmetscher mit Elektrotechnikern – alle waren hochauf begeistert. Wie gesagt, über den eigenen Tellerrand schauen, Brücken schlagen usw.

 

Wie verlief Ihr Einstieg ins Berufsleben und wo kann man Sie beruflich derzeitig antreffen?


Mein Praktikumssemester wollte ich eigentlich „irgendwo in Asien“ machen. Ein Freund der Elektrotechnik studierte war für ein halbes Jahr in Japan und das begeisterte mich. Aber Mitte der 90’er Jahre stürzte die gesamte Region in eine tiefe Krise und meine zahlreichen (und mit teuren Briefmarken zugepflasterten) Bewerbungsschreiben kamen entweder zurück oder verschwanden in einem schwarzen Loch. Ich hatte aber dann doch noch Glück: der Rektor der Hochschule in Västerås/Eskilstuna in Schweden versuchte einen Studentenaustausch mit unserer Hochschule in Magdeburg aufzubauen. Als Pilotprojekt sollten zwei Maschinenbauer nach Eskilstuna kommen und dort ein Praktikum bei Volvo Construction Equipment machen – und dann auch noch zwei E-Techniker nach Västerås zu ABB. Ich wurde als einer der zwei Maschinenbauer angenommen und lernte so Eskilstuna, Schweden, Volvo und die wunderbare Welt der Baumaschinen kennen. Einen Sprachkurs sollten wir auch machen und nach einigen Monaten konnte ich tatsächlich das Englisch schon (manchmal) beiseite legen und mich halbwegs auf Schwedisch durchwurschteln. Zurück in Magdeburg belegte ich dann noch zwei Semester Abendkurs in Schwedisch, war sogar noch einmal für einen Sommermonat in Eskilstuna zu einem Kurzpraktikum und entschied mich dann während meiner Diplomarbeit (bei einem deutschen Autobauer) einfach mal bei Volvo nachzufragen, ob denn die Möglichkeit bestünde, in Eskilstuna anzufangen, am liebsten in der selben Abteilung wie vorher. Das ging und Volvo half mir sogar beim Umzug, stellte mir für die ersten drei Monate eine Wohnung und war auch sonst ein fantastischer Arbeitsgeber. Deswegen bin ich ja auch 20 Jahre lang hier geblieben. In dieser Zeit habe ich nebenbei noch an der Universität in Linköping promoviert (gesponsort von Volvo und dem schwedischen Staat) und mit vielen spannenden Projekten gearbeitet: Elektromobilität, Fahrerassistenz, Computersimulation und auch ein bisschen kognitive Psychologie und Psychophysiologie. Gar nicht so schlecht für einen allgemeinen Maschinenbauer. 
Neulich habe ich mich aber dann doch entschlossen, mein Glück in einem anderen Unternehmen und einer anderen Branche zu versuchen. Ich freue mich schon jetzt wieder neues Wissen erwerben und hoffentlich auch existierende Kenntnisse in einem neuen Zusammenhang anwenden zu können. Wo genau es hingehen wird will ich jetzt aber noch nicht verraten.

 

Können Sie unseren zukünftigen Absolventinnen und Absolventen einen Rat mit auf den Weg geben?


Offen sein für alles. Sich nicht zur Ruhe schlagen und auf seinen Lorbeeren ausruhen. Und nicht bedingungslos dem Rat so alter Säcke wie mir folgen, sondern erst einmal nur zuhören und dann selber denken. Aber auch gern Hilfe annehmen, wenn sie angeboten wird. Nach dem Studium kann man mehr als man glaubt – aber auch weniger als man glaubt. 

 

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren damaligen KommilitonInnen?


Ja, den gibt es noch, wenn auch spärlicher als man will. Die wenigen Kontakte die bestehen sind aber dann umso kostbarer.

 

Würden Sie sich über Ehemaligen-Treffen bzw. über einen Austausch mit Ihren ehemaligen KommilitonInnen freuen? Und wenn ja, welche Formate würden Sie sich wünschen?


Das wäre schon schön. Mein Studium an der Hochschule war wirklich eine sehr schöne Zeit und ich schwelge gern in Erinnerungen – und noch lieber zusammen mit meinen alten Freunden. Physische Treffen sind natürlich immer schwer zu arrangieren und zu koordinieren, vermutlich haben wir deshalb das auch in den vergangenen 20 Jahren nicht selber hinbekommen. Das ist vielleicht auch so eine unverhoffte Erkenntnis: man trifft sich im Leben und verliert sich wieder aus den Augen. Hat man Glück dann trifft man sich noch einige Male danach aber auch immer weniger. Man divergiert und was bleibt sind Erinnerungen.  

 

25.05.2018

 

 

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