Zusammen ist man weniger allein

Keine Therapiesitzung, sondern schnelle und unkomplizierte Beratung bietet die PsychoSoziale StudierendenBeratung. Die Diplompsychologin Mareen Eisenblätter hat ein offenes Ohr für jede:n und legt dabei besonders großen Wert auf eine gute Vertrauensbasis. Dabei stehen immer die Bedürfnisse der Ratsuchenden im Mittelpunkt.
Die PsychoSoziale StudierendenBeratung bietet allen Angehörigen der Hochschule – Studierenden, Lehrenden und Beschäftigten – schnelle, kostenfreie, unverbindliche und streng vertrauliche Beratung. Termine können über Chat, E-Mail oder Telefon ausgemacht werden. Je nach Anliegen verschaffen ein oder mehrere Einzelgespräche Erleichterung für Hilfe- und Ratsuchende. Die Beratungsstelle unterstützt auch in der Vermittlung von Therapieplätzen. Ergänzend zur Einzelberatung bietet die PSB regelmäßig Kurse und Gruppen an, um Präventionsarbeit zu leisten und den Austausch zu fördern.

Im Leben läuft es nicht immer rund. Ob im Studium, im Job oder im privaten Bereich: Stress, Motivationsschwierigkeiten, familiäre Konflikte. All das kann schon mal überfordern. Oder eben eine Pandemie. Unangenehme Gefühle haben genauso ihre Daseinsberechtigung wie Freude und Zuversicht, solange sie nicht dauerhaft sind oder Überhand nehmen. Manchmal hilft ein objektiver Blick oder ein offenes Ohr, um die Gedanken neu zu ordnen. Zum Beispiel von der PsychoSoziale StudierendenBeratung des Studentenwerks Magdeburg.

Text: Carolin Maier

Für Beratung ist es nie zu früh

Statt zur Vorlesung zu fahren, sitzt man zu Hause und klappt wenige Minuten vor Vorlesungsbeginn den Laptop auf. Das gemeinsame Mittagessen in der Mensa fällt aus, Messenger ersetzen die Gespräche auf dem Campus und anstatt sich am Wochenende in einer Bar zu treffen, verabredet man sich zum Online-Spieleabend. Für Studierende war das in den vergangenen Monaten Alltag. Die veränderte Lebenssituation, gepaart mit Social Distancing und Online-Studium, schlägt vielen Studentinnen und Studenten auf die Psyche. Das bestätigt auch Mareen Eisenblätter, die genau um die Belastungen Studierender weiß. Die Diplompsychologin ist mit vielen von ihnen innerhalb der PsychoSozialen StudierendenBeratung (PSB) im Gespräch. „Es gibt nichts, womit man nicht zu uns kommen kann.“ Die Themen, mit denen die Beratungsstelle aufgesucht wird, gleichen einem „bunten Blumenstrauß“.

Corona als Katalysator

Das Angebot, das pandemiebedingt von Januar bis Mai komplett online stattfand, wird sehr gut angenommen. Während des knapp anderthalbstündigen Interviews für diesen Artikel erreichen die Psychologin mehrere Chatnachrichten mit Terminanfragen für ein Erstgespräch; auch das Telefon steht nicht still. „Die Corona-Pandemie wirkt wie ein Katalysator, der die bereits vorhandenen Probleme verstärkt“, erklärt die Diplompsychologin. „Man setzt sich zwangsläufig mehr mit sich selbst auseinander, hinzu kommen „Corona-Symptome“ wie fehlender Freizeitausgleich und Isolation“. In den ersten Monaten der Pandemie kamen besonders viele Anfragen von Studierenden der ersten zwei Semester. Viele plagte das Gefühl, alles Mühselige des Hochschullebens ohne „den Mehrwert des Campuslebens“ erdulden zu müssen. Keine Erstsemester- Partys, keine Projekte in Präsenz, kein lockeres Kennenlernen. Hinzu kommt die fehlende Struktur im Alltag, wodurch sie nicht mehr nur Studentin oder Student sind, sondern „Eventmanager“, führt Mareen Eisenblätter weiter aus. Verpflichtungen durch einen festen Stundenplan entfielen oftmals. Daher raten Eisenblätter und ihr vierköpfiges Team, sich selbst Verbindlichkeiten zu schaffen, beispielsweise durch die Simulation asynchroner Vorlesungen an einem festen Tag, mit fester Uhrzeit und gemeinsam mit weiteren Mitstudierenden.

Menschen aller Semester und Fachbereiche suchen Hilfe bei der Beratungsstelle. Dabei sei der Zulauf internationaler Studierender enorm, erzählt die Psychologin. Neu in einem fremden Land und ohne vorhandenes Netzwerk, habe es diese Studierenden besonders hart getroffen. Um der Einsamkeit entgegenzuwirken, gründete die PSB daher eine Selbsthilfegruppe.

Selbstfürsorge: Schlüssel zum Glück

Die vielen Monate im Lockdown und die damit verbundenen Unsicherheiten haben sich auf das Leben aller ausgewirkt. Entsprechend beobachtet Eisenblätter, wie sich die Anfragen im Verlaufe der Pandemie verändern. Vermehrt kommen nun diejenigen zur PSB, die die Ausnahmesituation bisher gut gemanagt haben. Doch inzwischen sind auch sie erschöpft, denn „die Selbstfürsorge kam bei ihnen über Monate zu kurz, ihnen geht schlichtweg die Luft aus“. Das gleiche Problem sei auch bei den Beschäftigten zu beobachten. Die Psychologin greift zu einem simplen Beispiel: Ein Handy mit zwei Prozent Akku wird auch keine Videokonferenzschaltung durchhalten und so sei es auch bei uns Menschen. Wir alle müssen regelmäßig unseren Akku aufladen; das geht am besten über Tätigkeiten und Menschen, die uns Kraft geben. Doch dafür muss jede Person selbst sorgen. In herausfordernden Zeiten tendieren wir dazu, all das, was uns Kraft gibt, nach hinten zu schieben. Homeoffice befeuere dieses Verhalten, denn die Arbeit sei allgegenwärtig. Viele würden sich Druck machen und hätten ein schlechtes Gewissen, Arbeit liegen zu lassen. Mareen Eisenblätter verbildlicht das anhand des Ampelsystems, zu dem sie auch ihren Klientinnen und Klienten rät: „Ich muss den Tag unter Maßgabe der drei Farben Rot, Gelb und Grün gestalten. Aufgaben, die auf Rot stehen, fordern viel Kraft von mir ab, bei Gelb ist die Bilanz gleich null und alles auf Grün gibt mir Kraft. Das muss ausgeglichen sein.“ Die Psychologin rät auch von To-Do-Listen ab, diese hätten den Hang zur Selbstsabotage. Oftmals würden man sich zu viel vornehmen und sei frustriert, wenn Punkte offenblieben. Sie empfiehlt sogenannte All-To-Do- List, also großen Übersichtslisten mit allen Aufgaben und dazu eine Have-Done-List für Erfolgserlebnisse, wenn etwas abgearbeitet ist.

Radikale Akzeptanz des Ist-Zustands

Eisenblätter kommt aufs Wetter zu sprechen: Darüber schimpft so manch eine:r. Aber ändern können wir daran trotzdem nichts. Manche Begebenheiten im Leben wollen oder können wir nicht hinnehmen. Und doch führt kein Weg daran vorbei. Denn „ich kann viel Zeit und Energie in meine Unzufriedenheit investieren, aber es gibt Dinge, die ich nicht ändern kann“. Was nicht heißen soll, dass man alles akzeptieren müsse, betont Eisenblätter. Wichtig sei es, zu hinterfragen und zu erkennen, welches Bedürfnis hinter der eigenen Unzufriedenheit steckt. Manchmal muss ich „annehmen, was nicht zu ändern ist und schauen, wie ich trotzdem ans Ziel komme“.

Mach dich stark, …

... um stark für andere zu sein. Mareen Eisenblätter rät dazu, sich um sich selbst zu kümmern, damit es einem gut geht und man nicht selbst das Problem werde. Die Diplompsychologin erläutert das an einem uns allen bekannten Beispiel: „Im Flugzeug heißt es immer, bei Druckabfall erst sich selber die Sauerstoffmaske aufsetzen und dann anderen helfen.“ Um auch in Zukunft herausfordernde und harte Zeiten gut zu überstehen – um resilient zu sein – muss ich meine Grenzen kennen und mich darum kümmern, dass es mir gut geht. „Resilienz ist, wenn man mehr Ressourcen als Stressoren hat. Das heißt, ich muss mir meiner Ressourcen bewusst sein und daran arbeiten. Das ist das Entscheidende und hilft mir, eine Ausnahmesituation wie die aktuelle zu überstehen.“ Mir Gutes zu tun und mich um mich selbst zu kümmern, betont Mareen Eisenblätter, sei kein Egoismus, sondern Selbstfürsorge.

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