Expedition zum Roten Planeten

Die Organisation „We love Spain“ bietet Erasmus- und internationalen Studierenden günstige Ausflüge an. Julia verbrachte so unter anderem ein Fantasiewochenende in Marokko, wo sie in einem arabischen Palast mit einem Amerikaner verheiratet wurde. Foto: We love Spain
Im Fluss Odiel bilden sich metallhaltige Evaporit-Salze, die beeindruckende Landschaften hinterlassen. Sie entstehen innerhalb von wenigen Tagen, sind leicht wasserlöslich und meist nur im niederschlagsarmen Sommer aufzufinden. Foto: Julia Marie Zigann
Der Jungfrau „Santa María de Las Rocinas“ zu Ehren strömen zu Pfingsten eine Million Menschen aus dem ganzen Land mit ihren Tieren zu dem Wallfahrtsort El Rocío. Rund herum tanzen und singen Männer mit großen flachen Hüten und stolze Spanierinnen in eleganten und farbenprächtigen Flamencokleidern. Foto: Julia Marie Zigann

Aus treffpunkt campus Nr. 103, 03/2019

Pittoreske Bauwerke, eine malerische Landschaft, lange Strände und ein fantastischer Blick über den Ozean – wer könnte da nicht ins Schwärmen geraten? Für Christoph Kolumbus war die Küstenstadt Huelva ein idealer Ausgangspunkt, um von dort aus in die Welt aufzubrechen. Julia Marie Zigann hingegen erkundet lieber vor Ort, was auch schon die NASA angezogen hat.

Text: Julia Marie Zigann, unter Mitarbeit von Katharina Remiorz

Mein Kindheitstraum war schon immer, nach Südamerika zu gehen und die Kultur, die Sprache und die Natur zu erkunden. Für diese Auslandserfahrung habe ich extra ein Urlaubssemester beantragt. Ein Praktikum in einem Nationalpark in Kolumbien wäre perfekt gewesen – leider habe ich die Zusage zu spät erhalten. Während ich auf eine Antwort wartete, tat sich jedoch eine andere Gelegenheit auf: Über Prof. Dr. Petra Schneider, die Leiterin meines Master-Studiengangs Ingenieurökologie, lernte ich Prof. Manuel Olias von der Universidad Huelva in Südspanien kennen. Die Universität ist noch sehr jung. An vier Campus und in 23 Fachbereichen sind mehr als 12.000 Studierende eingeschrieben, wobei 15 Prozent aus anderen europäischen Ländern, China, Russland oder Südamerika stammen. Am Fachbereich Erdwissenschaften ergab sich schließlich die Möglichkeit, für zwei Monate ein Praktikum zu absolvieren.

Umweg über Argentinien

Weil meine Spanischkenntnisse sehr karg waren, habe ich vorher vier Wochen lang einen A2-Sprachkurs in Buenos Aires besucht und kam so doch noch nach Südamerika. Jede Woche gab es 15 Stunden Gruppen- und zehn Stunden Einzelunterricht. Die Professorin hat ausschließlich Spanisch gesprochen, was mich am Anfang sehr erschrocken hat. Aber dank ihrer schauspielerischen und humorvollen Art konnten wir alles verstehen. In Spanien sprechen die Leute übrigens viel schneller und die andalusische Aussprache sowie einige Wörter weichen von der argentinischen Sprache ab. Ich finde die Akzente der beiden Länder faszinierend. Die grundlegenden Unterschiede habe ich zum Glück im Privatunterricht erlernen können.

Neben mir nahmen an dem Sprachkurs auch vier Asiaten teil. Wir wurden gute Freunde, verbrachten viel Zeit miteinander und reisten nach Mendoza, wo wir uns auf die Spuren der Inka begaben. In Buenos Aires traf ich eine deutsch-kalifornische Frau, mit der ich kurzerhand die beeindruckenden Iguazú-Wasserfälle besuchte. Mit meinem Vermieter fuhr ich zudem nach Ibéra in das zweitgrößte Feuchtgebiet der Welt. Neben riesigen Spinnennetzen, scheuen Affen, frechen Nasenbären, die mir Kekse aus dem Rucksack stahlen, habe ich Dutzende Krokodile und eine riesengroße Boa in freier Natur gesehen. So – und natürlich durch fleißiges Lernen – habe ich einen Monat später mein A2-Spanischzertifikat erhalten. Unterstützung erhielt ich dabei durch ein PROMOS-Stipendium des DAAD. Das Praktikum an der Universidad Huelva konnte ich wiederum durch Erasmus+ und den Fachschaftsrat Wasser, Umwelt, Bau und Sicherheit finanzieren.

Natur nicht von dieser Welt

Im 9.500 Kilometer entfernten Huelva angekommen erwarteten mich wunderschöne umliegende Berge und kilometerlange Strände, aber auch Zustände, die dem Planeten Mars ähneln. Kein Wunder also, dass sogar schon die NASA hier geforscht hat. Die Region Rio Tinto sowie der gleichnamige Fluss sind stark geprägt durch den Bergbau, der in der römischen Zeit sowie in der Neuzeit intensiv betrieben wurde. Bis heute sind viele Altlasten vorhanden, darunter 20 Minen in Form von gefluteten Tagebauen oder Untertagebergwerken sowie 23 stark saure, orange bis rot gefärbte Fließgewässer, riesige Abraumhalden und saure Schlammteiche. Da keine separate Wasserfassung sowie -aufbereitung erfolgt, sind die sauren Fließgewässer, auch Acid Mine Drainage genannt, besonders problematisch. Diese zeichnen sich hier durch einen pH-Wert von 0,5 bis 4 aus!

Das saure Milieu sowie die hohe Konzentration an Metallen lassen kein Leben in den Flüssen zu. Selbst an der Mündung Ría de Huelva in den Atlantik und im Golf von Cadiz können hohe Metallkonzentrationen gemessen werden. Diese reichern sich in Organismen an, sedimentieren oder kontaminieren weitläufige Küstensedimente und das Mittelmeer. Das Wasser dieser Flüsse ist dadurch momentan für den Menschen und die Landwirtschaft unbrauchbar. Erst nach einer Vorreinigung kann es in der Industrie eingesetzt werden.

Damit dies in Zukunft anders ist, suchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universidad Huelva nach einer Lösung, um die Wasserqualität zu verbessern. Meine Aufgabe dabei war, Proben zu entnehmen und das saure Wasser sowie den Boden im Labor zu neutralisieren. Das gelang mit Calciumhydroxid und Asche, ein Abfallprodukt einer regionalen Papierindustrie. 

Ein Potpourri an Möglichkeiten

Während meines Praktikums konnte ich viel Neues über die Hydrologie von Minen lernen. Ich kann mir gut vorstellen, auch in Zukunft in diesem Fachgebiet zu arbeiten. Es ist ein Beruf, mit dem man durch wissenschaftliche Erkenntnisse sichtbare Ergebnisse erzielen kann. Daneben knüpft man aber auch viele internationale und interdisziplinäre Kontakte. An der Universidad Huelva konnte ich so beispielsweise einen Tag lang an einem Aquaponic-Versuch in einem Gewächshaus teilnehmen, in dem Fischzucht und Gemüseanbau einen Kreislauf bilden, sowie beobachten, wie man ein Erdbeerbeet mit einer mit Phosphorgips kontaminierten Fläche renaturieren kann. Mir ist es wichtig, verschiedene Perspektiven und Fachbereiche kennenzulernen, bevor ich mich für einen Beruf entscheide. Und das ist mir hier in Südspanien sehr gut gelungen.

Am 12. Juli werde ich meine Rückreise antreten. Der Umwelt zuliebe werde ich auf einen Flug verzichten und stattdessen 2.800 Kilometer bis nach Magdeburg mit dem Bus und BlaBlaCar beschreiten. Eine Woche lang werde ich dafür benötigen, aber Zwischenstopps bei Freunden in Madrid, Montpellier und Düsseldorf werden mir die Rückreise verkürzen.

Mehr Abenteuer aus dem Ausland liest du in unserer Rubrik „Ferndurst“.

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