Zwischen Dead Bug und Russian Twist

Klimmzüge, der Unterarmstütz und die menschlichen Flagge sind nur einige von vielen anstrengenden, aber auch enorm effektiven Übungen, die die Muskulatur des gesamten Körpers stärken. Fotos: Matthias Piekacz

Aus treffpunkt campus Nr. 99, 03/2018

In Lettland, Russland und den USA erfährt die Trendsportart Street-Workout zunehmende Beliebtheit. Seit diesem Sommersemester wird sie auch an der Hochschule Magdeburg-Stendal angeboten. treffpunkt-campus-Redakteurin Olga Kruse hat den Sport, der einfach überall ausgeübt werden kann und bei seinen Fans sogar als sozialer Event gilt, unter die Lupe genommen.

Text: Olga Kruse

Street-Workout – was soll das sein? Bauch-, Beine-, Po-Übungen auf der Straße? Dies sind meine ersten Gedanken, als ich mich für den Hochschulsportkurs am Standort Magdeburg anmelde. Vor der Bewegungshalle treffe ich auf Denise Sawade, Kursleiterin und begeisterte Street-Workout-Anhängerin. Sie erzählt mir, dass sie die Sportart während ihres Auslandsemesters in Lettland kennen und lieben gelernt hat. Dort sei die Sportart enorm verbreitet.

Kennzeichnend für Street-Workout ist, dass der Fokus nicht auf dem Abnehmen, sondern dem Muskelaufbau liegt, meint Denise. Es wird hauptsächlich draußen, in Parks, auf Sport- oder Spielplätzen trainiert. Gerade in Lettland gibt es in öffentlichen Grünanlagen viele Geräte wie zum Beispiel Klimmzugstangen, die die Leute dazu animieren sollen, mehr Sport zu treiben. Ein weiteres Charakteristikum sind die „Cycles“ oder zu Deutsch „Intervalle“. Die erste Runde besteht aus zwei Cycles. Pro Cycle werden sechs verschiedene Übungen für jeweils 30 Sekunden durchgeführt. Zwischendurch gibt es kurze Verschnaufpausen und „five minutes of hell“. Bei dieser Bezeichnung wird mir etwas mulmig zumute. Zu Recht, wie ich später erfahren darf. Der komplette Ablauf wird insgesamt drei Mal wiederholt.

Bevor es losgeht, möchte ich von Denise wissen, was der Unterschied zu den typischen Bauch-, Beine-, Po-Übungen ist. Sie schmunzelt und antwortet, dass Street-Workout ihrer Meinung nach anstrengender sei. Als Beispiel bringt sie die sogenannte „Human Flag“ an – eines der häufigsten Ziele vieler Street-Workout-Praktizierenden. Hier hält man sich an einer Stange fest und versucht sich mit eigener Kraft parallel zur Erde, wie eine menschliche Fahne, zu halten. Na das kann ja was werden, denke ich mir und bin sehr gespannt.

Auf dem Fußballplatz neben der Mensa angekommen meint Denise: „Heute konzentrieren wir uns auf den Bauch“, und erklärt, dass der Fokus jede Woche auf eine andere Körperpartie gelegt wird. Sie schaltet ihre kleine Musikbox an, aus der flotte Töne erklingen und wir beginnen mit einer kleinen Aufwärmeinheit. Danach demonstriert Denise kurz die Übungen. Manche kenne ich schon wie zum Beispiel die gute alte Liegestütze oder den Plank, auch bekannt als Unterarmstütz. Andere Übungen wie beispielsweise Ankle Touch oder Shoulder Taps sind mir neu.

Mit einer Stoppuhr bewaffnet ruft Denise schließlich: „Los!“ Daraufhin beginnt die gesamte Street-Workout-Mannschaft in raschem Tempo, die erste Übung für eine halbe Minute auszuführen. Danach geht es ohne Pause in die nächste Übung über. Und dann wieder in die Nächste. Nach Abschluss der beiden Cycles sind „five minutes of hell“ angesagt. Hier werden besonders anstrengende Übungen wie beispielsweise Liegestütze in langsamem Tempo für 30 Sekunden ausgeführt und das für zwei Durchläufe. Nach der ersten Runde bin ich sogar etwas von mir selbst überrascht. Das ging ziemlich gut. Nun folgt dasselbe Spiel noch einmal.

In der zweiten Runde spüre ich dann doch wie meine Muskeln hin und wieder zu zittern beginnen und ich immer sehnsüchtiger auf die Uhr schaue. Alleine würde ich das so diszipliniert niemals durchhalten, denke ich mir. Auch Denise und die anderen Teilnehmerinnen bestätigen mir das später. „Es macht wirklich ganz viel aus, ob du die Übungen alleine oder in einer Gruppe machst“, sagt Denise und fügt hinzu: „Gemeinsam macht es nicht nur mehr Spaß, die Zeit vergeht auch schneller und man motiviert sich gegenseitig. Das ist der Grund, weshalb ich es so gern mache und in Deutschland unbedingt einen Kurs anbieten wollte.“ Mehr noch, ich erfahre, dass Denise und ihre Kursteilnehmenden sich zusätzlich zum Hochschulsportkurs mehrmals die Woche im Elbauenpark treffen, um sich gemeinsam auszupowern – ganz unverbindlich und für alle offen.

Als die Zeit für das zweite Mal „five minutes of hell“ gekommen ist, wird der Schwierigkeitsgrad erhöht: Die einzelnen Übungen müssen nun für jeweils eine Minute praktiziert werden. Ich beiße die Zähne zusammen und folge Denise, die alle Übungen mitmacht. Zum Glück! Denn ich habe schon längst den Überblick zwischen Dead Bug, Body Saw, Russian Twist und all den anderen lustigen Namen verloren. Gerade gegen Ende wird es ziemlich anstrengend und ich merke stark, wie mich die Musik und die Anwesenheit der Kursteilnehmerinnen zum Durchhalten animieren. Aber auch das angenehme Wetter sowie die Geräusche anderer Studierender, die nebenan Volleyball und Fußball spielen, motivieren überraschenderweise ebenfalls.

Nach der 45-minütigen Trainingseinheit bin ich ziemlich geschafft, aber auch froh, alles durchgezogen zu haben. Zum Abschluss folgt noch eine geliebte Tradition von Denise, die sie aus Lettland mitgebracht hat: das Abklatschen. Eine nette Geste, die verbindet und zugleich symbolisiert, dass das Training erfolgreich im Team beendet worden ist.

Auch wenn ich nur Übungen für eine Körperpartie kennenlernen durfte, feststeht: Street-Workout ist eine gute Gelegenheit für alle, die sich gern gemeinsam an der frischen Luft auspowern möchten und auch für all diejenigen empfehlenswert, die sich gerade für den Sommer fit machen wollen.

Mehr Erfahrungsberichte aus unserer Redaktion in unserer Reihe „In Bewegung“

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