Wichtigste Ort während des Studiums: Studentenclub Baracke

Michael Rost (l.) bei einer Bergfestexkursion mit Kommilitonen in Dresden. Foto: privat

Aus treffpunkt campus Nr. 82, 01/2015

Studierende in Uniform, Seminargruppen auf dem Kartoffelfeld, Militäreinsätze mit Dozenten und die Freie Deutsche Jugend (FDJ): Michael Rost, Mitbegründer und Professor im Studiengang Sicherheit- und Gefahrenabwehr, hat von 1976 bis 1980 an der Technischen Hochschule Magdeburg Brandschutz studiert. Wie seine Studienzeit aussah, erzählt er in der Reihe „Lehrende und ihre Studienanfänge“.

Text: Aufgeschrieben von Katharina Remiorz

Mein Traum war in Dresden Verkehrswesen zu studieren und die Fahrpläne der Deutschen Bahn zu machen. Zu DDR-Zeiten war es aber so, dass man bei bestimmten Studiengängen vorher drei Jahre Armeedienst leisten musste, weshalb ich mich gegen das Studium entschieden habe. Von meinen Eltern wusste ich, dass es in Heyrothsberge eine Fachschule der Feuerwehr gab, die eine sehr große Forschungseinrichtung hatte und für den Brandschutz in der gesamten DDR zuständig war. So bin ich auf die Technische Hochschule Magdeburg aufmerksam geworden und habe mich für den Studiengang Brandschutz beworben.

Wir waren etwa 30 Studierende im Jahrgang, davon hatten 24 eine Ausbildung in Heyrothsberge und liefen die ganze Zeit in dunkelblauen Feuerwehruniformen herum. Ich gehörte zu den sechs „Zivilisten“. Das Ausbildungsniveau war ziemlich hoch. Fünf bis zehn Studierende haben es pro Jahrgang nicht geschafft, weil sie die Prüfungen nicht bestanden haben. Das Brandschutzstudium war in erster Linie ein reines Ingenieursstudium und gehörte zur Sektion Apparate- und Anlagenbau. Von Brandschutz hat man also erst mal wenig mitbekommen. Wir hatten zwei Jahre lang Grundlagen, unter anderem Physik, Mathematik, Chemie, Technische Mechanik oder Elektrotechnik. Aber weil man das Gefühl hatte, dass Brandschutz etwas Exotisches ist, wollte man das auch alles lernen. In Heyrothsberge hatten wir die typischen Feuerwehrfächer wie Brandschutzrecht oder Technik und Taktik der Feuerwehr. Das Gebiet, das mich am meisten interessiert hat, war Baulicher Brandschutz, in dem ich auch meine Diplomarbeit geschrieben und promoviert habe und heute an der Hochschule lehre. Dass ich einmal selbst unterrichten werde, war damals aber noch nicht abzusehen.

Die FDJ hatte einen ziemlich starken Einfluss. Deshalb gehörte zum Studium auch Marxismus-Leninismus. Das war zwar nicht mein Lieblingsfach, aber zumindest konnte man sich dort schnell eine gute Note verdienen. Generell war es so, dass man immer versucht hat, die FDJ zu umgehen oder so zu nutzen, wie es für einen günstig war. Man musste aber auch aufpassen, dass man niemanden provoziert. Das war manchmal eine Gratwanderung.

Im dritten Semester gab es im November und Dezember einen Militäreinsatz, bei dem unsere Dozenten uns ausbilden soll- ten. Die Studenten mussten fünf Wochen ins Militärlager Seelingstädt bei Zwickau und die Studentinnen ins Zivilverteidigungslager Aderstedt bei Bernburg. Der Brandschutzstudiengang hatte das Glück mit ins Zivilverteidigungslager zu dürfen. Zur Kartoffelernte wurde unsere gesamte Seminargruppe außerdem aufs Feld nach Calbe geschickt. Während dieser Zeit waren wir vom Studium freigestellt, damit wir uns um die Erntefahrzeuge kümmern konnten.

Unsere Freizeit war eigentlich nicht viel anders, als es heute bei den Studierenden ist. Der wichtigste Ort während unseres Studiums war der Studentenclub Baracke, in dem ich vier Jahre lang gekellnert hatte. Die FDJ verlangte für diesen Job einen Mindestdurchschnitt von 2,5. Weil ich ein Semester nur einen Durchschnitt von 2,6 hatte, durfte ich nur als Aushilfskellner arbeiten. Um meinen Eltern nicht auf der Tasche zu liegen, habe ich nebenbei auch noch anderswo gejobbt.

Zum Studium gehörte damals auch noch Sport zum Unterricht, es sei denn man engagierte sich schon in seiner Freizeit in einem Sportverein. Ich habe im Sportclub Schach gespielt und konnte daher entscheiden, ob ich am Sport teilnehmen möchte. Mit einem ungarischen Studenten, der seine Brandschutzausbildung auch an der Technischen Hochschule gemacht hat, habe ich im Wohnheim 6 gegenüber vom Sportplatz gewohnt. Wir haben sehr oft die ganze Nacht durch bis früh gepokert, und, wenn Freitagvormittag nicht gerade ver- nünftigerSportwieFußballaufdemPlan stand, lieber länger geschlafen.

Nach dem Studium war es relativ einfach, einen Job zu finden. Wir waren am Ende drei zivile Absolventen und es standen drei Arbeitsplätze zur Auswahl. In der Regel war es dann so, dass der mit dem besten Durchschnitt sich als Erster eine Stelle aussuchen konnte. Die Entscheidung für die Berliner Verkehrsbetriebe als Hauptbrandschutzinspektor zu arbeiten, fiel mir aber dank der weiteren Jobangebote in einem Braunkoh- lekraftwerk und in einem Kernkraftwerk in Greifswald leicht. Das ist das schöne am Brandschutz – genauso wie an Sicherheit und Gefahrenabwehr: Man denkt vielleicht erst mal an Feuerlöscher, aber das Feld des Brandschutzes ist unheimlich weit gestreut und die Studierenden haben ganz unterschiedliche Interessen.

Mehr Erinnerungen an die Studienzeit in „Lehrende und ihre Studienanfänge“

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